Durch die fortschreitende Digitalisierung und Datafizierung aller Wissenschaftsfelder werden Kompetenzen im Umgang mit Forschungsdaten immer wichtiger. Daher stellt Data Literacy nicht nur eine spezielle Kompetenz für einzelne Expertengruppen wie Data Scientists oder Data Stewards dar, sondern eine grundlegende Kernkompetenz, die für alle Fachdisziplinen relevant ist. Aber auch außerhalb der Wissenschaft spielen diese Kompetenzen eine wichtige Rolle und werden zu den sogenannten "Future Skills" gezählt, also den Fähigkeiten, die in den kommenden Jahren im Berufsleben und für die gesellschaftlichen Teilhabe immer mehr an Bedeutung gewinnen.
Data Literacy umfasst dabei viele Kompetenzen aus angrenzenden Themenbereichen wie Statistik, Umgang mit digitaler Technologie und Visualisierung. Weiterhin sind aber auch ethische und rechtliche Aspekte sowie disziplinspezifische Expertisen Bestandteil von Data Literacy. Aufgrund der weit gefassten Definition und der damit verbundenen Vielfalt an Kompetenzen geht Data Literacy deutlich über die klassischen Inhalte der einzelnen Fachbereiche hinaus. Dadurch können entsprechende Datenkompetenzen bisher nicht oder nur in Teilaspekten in den Studiengänge vermittelt werden.
Data Literacy sollte dabei nicht als Synonym von Data Science verstanden werden. Während Data Science ein eigenständiges Wissenschaftsfeld darstellt und vor allem auch technische Kompetenzen aus dem Bereich der Informatik und Statistik beinhaltet, handelt es sich bei Data Literacy um grundlegende Kompetenzen, die nicht nur für Forschende spezifischer Fachbereiche Relevanz besitzen, sondern auf einem entsprechenden Expertiselevel für alle Menschen essentiell sind.
Die folgende Übersicht basiert auf der Kompetenzmatrix von Ridsdale et al. (2015)4, die einen der am weitesten verbreiteten Kompetenzrahmen darstellt. Die 21 Einzelkompetenzen aus 5 Kompetenzfeldern werden in konzeptionelle, grundlegende und fortgeschrittene Kompetenzen unterschieden. In der folgenden Zusammenstellung sind außerdem nähere Erläuterungen zu den einzelnen Kompetenzen und Beispiele angegeben.
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Konzeptioneller Rahmen
Grundlagen zu Daten (konzeptionell)
- Grundlagenwissen zu und Verständnis für Daten
- Bewusstsein für Relevanz und Einsatzmöglichkeiten von Daten
- Wissen zu verschiedenen Datentypen und -formaten
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Sammeln von Daten
Daten finden und sammeln (grundlegend)
- Identifizieren von Daten, die für die Beantwortung der Fragestellung erforderlich sind
- Erhebung oder Beschaffung erforderlicher Daten unter Anwendung geeigneter Techniken (z.B. Beobachtung, Messung, Simulation)
- Fähigkeit, bestehende Datensätze zu finden und zu sammeln
- Beispiel: Nutzung von Suchmaschinen und Datenbanken
Datenqualität bewerten und sichern (grundlegend)
- Kritische Einschätzung der Vertrauenswürdigkeit von Datenquellen
- Evaluierung der Qualität von Datensätzen bezüglich verschiedener Faktoren (z.B. Korrektheit, Relevanz, Repräsentativität, Vollständigkeit)
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Management von Daten
Organisieren von Daten (grundlegend)
- Einschätzung der Anforderungen an die Organisation von Daten
- Wissen zu grundlegenden Methoden und Werkzeugen
- Beispiel: sinnvolle Benennung von Dateien und die Entwicklung klarer Ordnerstrukturen
Bereinigung von Daten (grundlegend)
- Auswahl von Methoden zur Bereinigung von Datensätzen
- Identifizierung von Ausreißern und Anomalien
- Bearbeitung von Daten (z.B. filtern, sortieren, zusammenführen)
Konvertierung von Daten (fortgeschritten)
- Wissen zu Datentypen und Methoden zur Konvertierung
- Fähigkeit, Daten von einem Format bzw. Datentyp in ein anderes zu überführen
Erstellung und Anwendung von Metadaten (fortgeschritten)
- Bewusstsein für die Wichtigkeit der Dokumentation von Datensätzen
- Erstellen von Metadaten für Daten(-sätze)
- Anwendung von angemessenen Methoden und Standards für Metadaten
Pflege, Sicherheit und (Nach-)Nutzung von Daten (fortgeschritten)
- Bewerten der Anforderungen für die Datenkuration (z.B. Vorhaltezeiten, Speicher, Zugänglichkeit, Regelungen zum Teilen)
- Bewerten der Sicherheitsanforderungen (z.B. Zugriffsbeschränkungen, geschützte Datenspeicher)
Datenerhaltung / Langzeitspeicherung (fortgeschritten)
- Bewerten der Anforderungen für die langfristige Datenerhaltung (Langzeitspeicherung, Archivierung)
- Auswahl angemessener Werkzeuge und Methoden
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Evaluation von Daten
Methoden und Werkzeuge zur Datenanalyse (konzeptionell)
- Wissen bezüglich Analysetechniken und -werkzeugen
- Auswahl angemessener Werkzeuge und Techniken zur Datenanalyse
- Anwendung von Werkzeugen und Techniken zur Datenanalyse
Grundlagen der Datenanalyse (grundlegend)
- Planung der Datenanalyse
- Anwendung von Analysemethoden und -werkzeugen
- Durchführung von explorativen Analysen
- Beurteilung von Ergebnissen aus Datenanalysen
- Vergleichen von Analyseergebnissen mit anderen Ergebnissen
Auswertung und Interpretation von Daten (grundlegend)
- Lesen und Verstehen von Tabellen und Diagrammen
- Identifizieren von Kernaussagen und Zusammenführen mit anderen wichtigen Informationen
- Identifizieren von Unstimmigkeiten in Daten
Identifizieren von Problemen mithilfe von Daten (grundlegend)
- Nutzung von Daten zur Identifizierung von Problemen in praktischen Situationen (z.B. Effizienz am Arbeitsplatz)
- Nutzung von Daten zur Identifizierung von Problemen auf höherer Ebene (z.B. Politik, Umwelt, Wirtschaft, Marketing)
Datenvisualisierung (grundlegend)
- Erstellen von aussagekräftigen Tabellen und grafischen Darstellungen
- Beurteilen der Effektivität von grafischen Darstellungen
- kritische Beurteilung von grafischen Darstellungen in Bezug auf Richtigkeit und eventuelle Fehldarstellungen
Präsentation von Daten (grundlegend)
- Einschätzen der gewünschten Ergebnisse der Datenpräsentation
- Anpassen der Darstellung an die Bedürfnisse und den Hintergrund des Publikums
- Einbeziehen von angemessenen grafischen Darstellungen
- klare und zusammenhängende Präsentation der Argumente und / oder Ergebnisse
Datengetriebene Entscheidungsfindung (grundlegend)
- Priorisieren von datenbasierten Informationen
- Verarbeitung von Daten in anwendbare Informationen
- Abschätzen des Werts und der Auswirkungen der Lösungen / Entscheidungen
- Umsetzung der Lösungen / Entscheidungen
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Anwendung von Daten
Kritisches Denken (konzeptionell)
- Bewusstsein für komplexe Fragestellungen und Herausforderungen in Bezug auf Daten
- kritisches Denken in Bezug auf Daten
Datenkultur (konzeptionell)
- Erkennen der Wichtigkeit von Daten
- Unterstützung einer Umgebung, die den kritischen Umgang mit Daten im Rahmen von Lehre, Forschung und Entscheidungsfindung fördert
Datenethik (konzeptionell)
- Bewusstsein für rechtliche und ethische Aspekte im Zusammenhang mit Daten
- Arbeit mit Daten in ethischer Art und Weise
Zitieren von (Forschungs-)Daten (grundlegend)
- Wissen zu allgemein akzeptierten Methoden zur Datenzitation
- korrektes Zitieren von Sekundärdaten
Teilen von (Forschungs-)Daten (grundlegend)
- Einschätzen von Methoden und Plattformen zum Teilen von Daten
- Beachten von rechtlichen und ethischen Aspekten beim Teilen von Daten
Bewerten von Entscheidungen auf Grundlage von Daten (fortgeschritten)
- Sammeln und Analysieren von Folgedaten, um die Effektivität von Lösungen und Entscheidungen zu beurteilen
- Vergleich von Ergebnissen der Analyse mit anderen Ergebnissen
- Evaluation von getroffenen Entscheidungen / Lösungen und gegebenenfalls Durchführung von Anpassungen
1 Duden (online)Externer Link, Stand: 14.01.2021